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Vorwürfe

Vorteilsannahme, Verschleierung der Vorteilsannahme (Lüge im Landtag, Lüge zur Identität des Kreditgebers)

Rechtsauffassungen zur Vorteilsannahme / Korruptionsgesetze / Juristische Diskussion zum Privatkredit

Sachverhalt

Laut "Bild" wurde der Kaufvertrag für das Haus in Großburgwedel am 1. Oktober 2008 unterzeichnet.[1] Einen Tag später trat Wulff die Reise nach China und Indien an, wo er mit Geerkens, Großmann, Maschmeyer und dessen Rechtsanwalt Götz von Fromberg zusammentraf.

Träume

Nach Auskunft von Christian Wulff gewährte Frau Edith Geerkens am 25. Oktober 2008 ein Darlehen über 500.000 Euro zu einem Zinssatz von 4% p. a. für den Hauskauf (415.000 Euro) und die Sanierung des Hauses nach Wullfs zweiter Heirat in Bettina Wulffs Heimatort.[2] Christian Wulff erhielt das Darlehen 14 Tage, nachdem er mit Egon Geerkens von einer Dienstreise nach China und Indien zurückgekehrt war.[3] Auf dieser Reise kam es auch zu einem Zusammentreffen mit Carsten Maschmeyer und Jürgen Großmann, die als Begleitung Gerhard Schröders reisten.[4]

Die Darlehensumme wurde mittels eines anonymen Bundesbankschecks ausgezahlt. Laufzeit des Darlehens war vom 30. November 2008 bis 30. November 2013.[5]

Zunächst war ein Zinssatz von 4,5% p. a. vereinbart; vor der endgültigen Vertragsverzeichnung am 25. Oktober 2008 wurde dieser dann aber durch gemeinsame Unterschriften auf 4% p. a. abgesenkt.[5]

Wie "Welt Online"[6] berichtete, verzichtete Edith Geerkens als Kreditgeberin auf einen Eintrag in das Grundbuch, was eine Sicherheit bedeutet hätte. Nach Angaben der Geerkens brauchte Wulff ihnen keine Sicherheiten zu geben, da Wulff noch über eine andere gewinnbringende Immobilie, ein Tankstellengrundstück, in Osnabrück verfügte, welche ein sicheres Einkommen für Christian Wulff bedeuten würde[7].

Das Darlehen wurde "ohne Verwendung zur freien Verfügung gewährt", es war somit nicht zwingend an die Verwendung für Wulffs Immobilie gebunden.[8]

Christian Wulffs Anwalt beschrieb die Kontobewegungen im Rahmen des Darlehens wie folgt:

"Die Darlehenssum­me wurde per Bundes­bankscheck durch die Sparkasse Osnabrück unter Belas­tung des dortigen Kontos von Frau Edith Geerkens Ende November 2008 aus­gezahlt. Das Kredit­verhältnis zwischen den Eheleuten Wulff und Frau Geerkens bestand bis zum 31. März 2010. In diesem Zeitraum leistete Herr Wulff Zinszahlun­gen in Höhe von monatlich 1.666,00 Euro, die zunächst von seinem Konto bei der Sparkasse Osnabrück und ab dem 2. März 2009 bis Ende 2009 per Dauerauftrag von seinem Konto bei der Sparkasse Hannover überwiesen wurden. Nach Ende dieses Dauerauftrages wurden die abschließenden Zinszahlun­gen in Höhe von 4.998,00 Euro für die Monate Januar bis März 2010 am 19. Mai 2010 in einer Sum­me geleistet. Die Zinszahlun­gen erfolgten jeweils auf das Konto von Frau Edith Geerkens bei der Sparkasse Osnabrück."[5]

Und:

"Im An­schluss an die zwischen Herrn Wulff und der BW-Bank Ende März 2010 getroffene Kredit­vereinba­rung wurde das von Frau Geerkens gewährte Darlehen in Höhe von 500.000 Euro zurückgezahlt. Dies erfolgte aufgrund eines Auftrags von Herrn Wulff vom 27. März 2010 durch eine Überwei­sung von 500.000 Euro am 1. April 2010 auf ein Konto von Frau Geerkens bei der BW-Bank."[5]

Identität des Kreditgebers und Vorwurf der Lüge im Landtag

Spätestens seit dem Frühjahr 2011 wußte Christian Wulff, dass mehrere Journalisten in der Angelegenheit seines Privatkredites recherchieren. Im August 2011 erstritt der "Spiegel" vor dem BGH[9] das Recht, in das Grundbuch einzusehen, hier lag allerdings kein Eintrag vor. Um Gerüchte zu entkräften, der Kreditgeber sei Carsten Maschmeyer, legte Präsidentensprecher Olaf Glaeseker am 6. Dezember 2011 Dokumente vor, die die Osnabrücker Unternehmergattin Edith Geerkens als Kreditgeberin nennen. Glaeseker hatte den Eindruck, die "Bild" würde diese Information nicht veröffentlichen. Offenbar fiel es jedoch einem Redakteur auf, dass diese Angabe im Widerspruch zu einer früheren Befragung Christian Wulffs standen. Im niedersächsischen Landtag ließ dieser auf die Frage vom 10. Februar 2010

"Gab es geschäftliche Beziehungen zwischen Christian Wulff und Herrn Egon Geerkens oder irgendeiner Firma, an der Herr Geerkens als Gesellschafter beteiligt war?"

am 18. Februar 2010 antworten:

"Zwischen Ministerpräsident Wulff und den in der Anfrage genannten Personen und Gesellschaften hat es in den letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben.".

Da nun der Vorwurf der Lüge im Landtag im Raum stand, erhielt der Bundespräsident sechs weitere Fragen[10], zu denen Olaf Glaeseker am 11. Dezember 2011 zunächst Stellung nahm, diese aber einige Stunden später ohne Angabe von Gründen zurückzog. Am darauffolgenden Tag versuchte Christian Wulff aus Kuwait, die "Bild"-Redaktion und die Verlagsleitung zu erreichen und hinterließ eine Mailbox-Nachricht. Diese wiederum führte zu dem Vorwurf von Drohungen gegen Redaktionen: siehe Umgang mit Medien.

Wulff_gibt_Kredit-Verhandlungen_mit_Egon_Geerkens_zu

Wulff gibt Kredit-Verhandlungen mit Egon Geerkens zu

Neue Wendung im Fall Wulff: Der Unternehmer Egon Geerkens war nach Angaben des Anwalts von Christian Wulff an den Verhandlungen über den Privatkredit beteiligt.

Zudem stellte sich die Frage, ob der Kredit nicht tatsächlich von Egon Geerkens stamme, da mit diesem eine längere Bekanntschaft besteht und Edith Geerkens kein eigenes Vermögen in die Ehe einbrachte. Edith Geerkens war vor der Heirat Angestellte im Juweliergeschäft Egon Geerkens. Aufgrund dieser Fragen ließ Christian Wulff seinen Anwalt später bestätigen, dass Egon Geerkens in die Verhandlungen des Darlehens eingebunden war: "Der Darlehensgewährung vorausgegangen war die Suche des Ehepaars Wulff nach einer geeigneten Immobilie. Hierin war Herr Egon Geerkens aufgrund seines besonderen Sachverstands und der freundschaftlichen Beziehungen eingebunden. In diesem Zusammenhang ging die Initiative für ein Privatdarlehen von Frau Edith Geerkens aus. Die Modalitäten wurden gemeinsam besprochen, das Darlehen von Frau Edith Geerkens gewährt."[11]

Die Abgeordneten Dr. Gabriele Heinen-Kljajić, Stefan Wenzel und Hans-Jürgen Klein (GRÜNE) warfen in einer kleinen Anfrage nochmals konkretere Fragen zu den Beziehungen zu Wulff auf, da Herr Geerkens offenbar auch als wirtschaftlich Berechtigter zusammen mit Dr. Theodor Bergmann eine Vermögensverwaltungs- und Immobilien-Verwaltungsgesellschaft betrieb. Die Bergmann & Geerkens GbR betrieb unter dem Aktenzeichen FU/R-98/02778-ne bzw. 3 O 719/99 (108) ein Verfahren vor dem Landgericht Osnabrück.[12]

Verhältnis zu Egon Geerkens

Zur Einschätzung einer möglichen Vorteilsannahme ist das Verhältnis zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber relevant, siehe daher auch: Egon Geerkens.

Dazu schrieb Alexander Schall von der FAZ einen bemerkenswerten Artikel:
"Ausgangspunkt der Affäre war ja, dass Christian Wulff als niedersächsischer Ministerpräsident im Februar 2010 auf Anfrage aus dem Landtag jegliche wirtschaftlichen Beziehungen zu Egon Geerkens verneinte. Daran hat er bis heute festgehalten. Und das, obschon sich Egon Geerkens dahin gehend einließ, die Transaktion ausgedacht und eingefädelt zu haben ("Ich habe mit Wulff verhandelt"; "Ich habe mir überlegt, wie das Geschäft abgewickelt werden könnte". (...) Nach dem Sachverhalt, den Egon Geerkens geschildert hat, liegt nämlich der Tatbestand des Kreditauftrags nach Paragraph 778 BGB nahe. Nach dieser Vorschrift liegt ein Kreditauftrag vor, wenn eine Person von einer anderen beauftragt wird, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einen Kredit an einen Dritten zu gewähren. Genau das dürfte Egon Geerkens als selbst erklärter Initiator der Transaktion getan haben. Dumm nur, dass Rechtsfolge eines Kreditauftrags die Bürgenhaftung des Auftraggebers für die Schuld des Dritten ist.

(...) Damit wäre Egon Geerkens Bürge für Christian Wulff. Eine Bürgschaft begründet aber sehr wohl eine unmittelbare rechtliche und damit auch wirtschaftliche Beziehung zwischen den beiden."[13]

Siehe auch § 778 BGB - Kreditauftrag[14]

Herkunft des Geldes

Der "Spiegel" beschrieb Egon Geerkens als medienscheu.[15] Auf die Frage zur Herkunft der 500.000 Euro bemerkte Geerkens, dies gehe „niemanden etwas an“.[16] Christian Wulff erklärt hierzu über seine Anwälte:

„Die Sparkasse Osnabrück hat bestätigt, dass der Scheck der Deutschen Bundesbank, der dem beurkundenden Notar zur Verfügung gestellt wurde, aus dem Konto von Frau Edith Geerkens gedeckt wurde. Dazu liegt uns eine Bestätigung der Sparkasse Osnabrück vor. Der Vertrag über das Privatdarlehen wurde mit Frau Edith Geerkens geschlossen. Die Eheleute Wulff leisteten alle vereinbarten Zinszahlungen auf das Konto von Frau Edith Geerkens." [17]

Einen wirklichen Beleg hat somit nur die Sparkasse Osnabrück für diese Transaktion. Einsicht in die Unterlagen wurde weder Journalisten noch unabhängigen Dritten bisher gewährt. Jedoch erwähnte Geerkens im "Spiegel"-Interview, dass das Geld ursprünglich aus der Schweiz stamme und von Edith Geerkens auf ein deutsches Konto in Osnabrück überwiesen worden sei.[18]

Anoymisierung der Transaktion, Auszahlung und fehlende Grundbuchschuld

"Die 500.000 Euro nahmen einen verschlungenen Weg: angeblich von einem Konto von Frau Geerkens in der Schweiz auf ein Konto von ihr bei der Sparkasse Osnabrück, für das ihr Mann Vollmacht besitzt. Egon Geerkens, der die Details der Transaktion mit Wulff absprach, beantragte daraufhin einen Scheck der Landeszentralbank in gleicher Höhe und übergab ihn an Wulff, der ihn an den Notar weiter reichte. Der Vorteil: Die Herkunft des Geldes war nun nicht mehr zu erkennen. Der Notar beglich mit dem Geld die auf dem Haus lastende Grundschuld und zahlte den Rest des Kaufpreises von 415.000 Euro an den Verkäufer aus."[19]

Nach Recherchen der Frankfurter Rundschau ist die Verwendung anonymer Bundesbankschecks bei einem Hypothekenkredit ebenso unüblich, wie der Verzicht auf einen Grundbucheintrag.[20] Es stellt sich die Frage, warum eine Konstruktion gewählt wurde, die nur Sinn mache, wenn man die Geldquelle selbst verschleiern wolle.[21]

Egon Geerkens erklärte demgegenüber im "Spiegel", die Anonymisierung des Schecks sei auf seinen Wunsch hin erfolgt: 'Wir sind beide sehr bekannt in Osnabrück. Und ich wollte nicht, dass irgendein Bank-Azubi sieht, dass so viel Geld von mir an Wulff fließt', so Geerkens. Daher sei ein anonymer Bundesbankscheck ausgestellt und Wulff übermittelt worden, damit dieser ihn einlösen konnte."[22]

Der Versuch, den Kredit zu anonymisieren, führte zu dem Verdacht, dass es sich womöglich gar nicht um ein Darlehen Geerkens handle. Die Absicherung durch mehrere "Firewalls", die nicht nachvollziehbare Ausstellung bestätigter Bundesbankschecks, mache es unmöglich festzustellen, ob Geerkens wirklich der Kreditgeber war.

Zinshöhe

Es wurde zudem der Vorwurf erhoben, das Darlehen sei verbilligt gewesen. Dabei wurde unterschieden, ob Sicherheiten gestellt wurden oder nicht. Jörg Sahr, Immobilienspezialist von "Finanztest", geht in seiner Einschätzung noch von einer Grundbuchschuld aus:

  • "Jede Bank hätte damals mit einem Hypothekendarlehen zu vier Prozent Zinsen noch einen Verlust gemacht", da die Hypothekenpfandbriefe, über die Banken solche Geschäfte refinanzieren, damals teurer als 4% gewesen seien.[23] Der "Finanztest"-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen geht in einem Interview von einem Mindestzinssatz von 4,7% für ein dinglich gesichertes Darlehen hoher Bonität zur Baufinanzierung im Jahr 2008 aus.[24] Das Institut für Finanzdienstleistungen e.V. kommt in einem Artikel vom 6. Januar 2012 zum Ergebnis, dass Wulff zwar - wenn es sich um ein dinglich gesichertes Darlehen handelte - einen Vorteil im Vergleich zum Marktdurchschnitt hatte, er diesen Vorteil aber unter Umständen auch woanders bekommen hätte. Die historischen Hypothekenzinsen sind hier einsehbar: Bankenverband. Die Kreditvergabe ohne Sicherheiten wurde im Bereich der Baufinanzierung als unüblich bezeichnet.[25]

Da der Kredit allerdings ohne Grundbuchschuld vergeben wurde, lassen sich die Konditionen eines Hypothekenkredits nur unter Vorbehalt zum Vergleich heranziehen. Faktisch handelt es sich um einen Kredit ohne feste Sicherheiten:

  • Der Steuerberater Uwe Diekmann bezeichnet in der "Bild am Sonntag" einen Zinssatz von 8-10% p. a. für ein Darlehen ohne Sicherheiten als marktüblich.[26]

Zinszahlungen

Am 28. Dezember 2009 stornierte Chrstian Wulff den Dauerauftrag über die monatliche Zinszahlung an Frau Geerkens. Dies warf die Frage auf, ob im Jahr 2010 Zinsen gezahlt wurden. Die Anwälte Christian Wulffs erklärten dazu, dass es im Jahr 2010 zu einer Zinszahlung in Höhe von 4.998 Euro kam. Es wurde bemängelt, dass hierzu keine Unterlagen vorlagen. Die Anwälte Christian Wulffs stellten diese Unterlagen in ihrem Berliner Büro zur Einsicht bereit.[27]

Recherche und Kritik an den Medien

Wulff-Affäre_Wie_kam_die_Story_ans_Licht?_-_ZAPP_Medienmagazin_-_NDR

Wulff-Affäre Wie kam die Story ans Licht? - ZAPP Medienmagazin - NDR

Journalisten haben jahrelang nachgebohrt. Wie kam der Privatkredit für Christian Wulff zustande?

Die Berichterstattung der "Bild"-Zeitung über den Privatkredit Christian Wulffs am 13. Dezember 2011 eröffnete eine Phase täglich neuer Details zu diesem und anderen Sachverhalten. Zur Vorgeschichte der Recherche, zur weiteren medialen Präsenz und zur Kritik an den Medien siehe: Berichterstattung.





Eine Chronologie der Recherchen zum Privatkredit aus Sicht der "Bild"

Am 12.12.2011 veröffentlichte BILD online einen Artikel über Wulffs Privatkredit :
"Wirbel um Privat-Kredit über 500 000 Euro Hat Wulff das Parlament getäuscht?"[28]

Diese Meldung wurde sofort von allen namhaften Medien übernommen und brachte damit die Causa Wulff ins Rollen. Das läßt sich sehr leicht nachvollziehen, wenn man bei Google der Suchbegriff "Wirbel um Privatkredit" eingibt.

Die Tatsache, daß Christian Wulff am Abend zuvor auf die Mailbox von BILD-Chefredakteur Kai Diekmann gesprochen hatte, wird in dem Artikel nicht erwähnt. Aber Teile des Mailboxtextes wurden an andere Zeitungen lanciert. BILD überließ es (taktisch geschickt) anderen Medien, die Mailbox-Affäre zu publizieren.

So deckte "Bild" die Wulff-Affäre auf
"Es waren Recherchen von BILD, über die Bundespräsident Wulff am Ende stürzte. (...) Es ist im Februar 2009 – also exakt vor drei Jahren – als Bettina Wulff im Interview mit dem NDR schwärmt: "Wir haben uns ein kleines, 20 Jahre altes Häuschen gekauft."

(...) Zu diesem Zeitpunkt erfährt BILD, dass der damalige Ministerpräsident in Folge seiner Scheidung ziemlich knapp bei Kasse ist. Ein befreundeter Unternehmer, so heißt es aus dem Umfeld der Staatskanzlei Hannover, habe ihm bei der Finanzierung des Hauses geholfen. Der Beginn einer Spurensuche: Mitte Februar 2009 beantragt BILD beim Grundbuchamt in Großburgwedel Einblick in das Grundbuch. (...) Das Grundbuchamt lehnt den Antrag mit dem Hinweis auf "fehlendes öffentliches Interesse" ab.

Am 17. Dezember 2010 – also vor 14 Monaten – fragt BILD schriftlich bei Wulff an, der inzwischen Bundespräsident ist. Die Frage zum Kauf seines Hauses in Großburgwedel lautet: „Nach BILD vorliegenden Informationen sind im Grundbuch keine Gläubiger eingetragen. Trifft dies zu? Wie wurde die Immobilie finanziert?“ (...) Auch „stern“ und „Spiegel“ recherchieren nach dem eigentlichen Geldgeber. Am 17. August 2011 entscheidet der Bundesgerichtshof nach einer Klage des „Spiegel“, dass Journalisten die vollständige Grundbuchakte einsehen dürfen. (...) In der Grundbuchakte findet BILD den Kaufvertrag und den Namen des Verkäufers.

Am 24. November 2011 fährt ein BILD-Reporter nach Großburgwedel zum Haus des Verkäufers, um zu fragen, wie der Hauskauf abgewickelt worden ist. Eine Antwort erhält er nicht. Über diese Recherche beschwert sich Christian Wulff über seinen Sprecher am folgenden Tag in der Chefredaktion von BILD.

Am 28. November 2011 konfrontiert BILD den Bundespräsidenten per E-Mail erneut mit Fragen zur Finanzierung seines Hauses. Acht Tage später bittet Wulffs damaliger Sprecher Olaf Glaeseker den BILD-Reporter schließlich ins Bundespräsidialamt. Der Kreditvertrag dürfe jetzt eingesehen werden. (...) In der Darlehensvereinbarung steht der Name Edith Geer­kens, die dem Ehepaar Wulff die 500 000 Euro sehr zinsgünstig, ohne Sicherheiten und Tilgung geliehen hat."[29]

"Ein befreundeter Unternehmer, so heißt es aus dem Umfeld der Staatskanzlei Hannover, habe ihm bei der Finanzierung des Hauses geholfen." Dieser Satz in dem "Bild"-Artikel bestätigt, dass es einen oder mehrere Whistleblower in der Staatskanzlei Hannover gibt. Auch im Fall Nord-Süd-Dialog und Jörn Ipsen wurden handschriftliche Notizen Wulffs an die Presse lanciert.

Anzeigen gegen Christian Wulff

Bei der Staatsanwaltschaft Hannover wurden anlässlich der Darlehensvergabe und ihrer Begleitumstände mehrere Strafanzeigen gegen Wulff erhoben, die jedoch keine Ermittlungen zur Folge hatten, da die Vorfälle nach Stellungnahme der Staatsanwaltschaft "prozessual unverdächtig" seien.[30]

Begründung der Staatsanwaltschaft:
"Die Staatsanwaltschaft darf in strafprozessuale Ermittlungen nur eintreten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat bestehen. Solche Anhaltspunkte - die über bloße Vermutungen hinausgehen - für das Erkaufen eines dienstlichen Wohlwollens sind weder den Strafanzeigen noch der sonst hier bekannten Presseberichterstattung zu entnehmen. Bisher lassen die privaten Beziehungen zu den Zuwendungsgebern bzw. die konkrete Ausgestaltung der Zuwendungen das Geschehen insgesamt als plausibel und strafprozessual unverdächtig erscheinen. Die Staatsanwaltschaft ist deshalb an der Aufnahme von Ermittlungen gehindert.“[31]

Staatsanwälte leiten Ermittlungen gegen Wulff ein

Am 19. Februar 2012 leitet die Staatsanwaltschaft Hannover die Ermittlungen gegen Christian Wulff ein. Neben dem Nord-Süd-Dialog und Wulffs Beziehungen zum Filmfinanzier David Groenewold soll auch der Privatkredit vom Ehepaar Geerkens in die Ermittlungen einbezogen werden.

"Zudem wird die Gruppe von vier Staatsanwälten unter Leitung des 41 Jahre alten Oberstaatsanwalts Clemens Eimterbäumer auch zu anderen Vorwürfen ermitteln - etwa im Zusammenhang des Hauskredits des Ehepaars Geerkens an Wulff. In diesem Zusammenhang hatten die Staatsanwälte zuvor noch keinen Anfangsverdacht gesehen."[32]

Die juristische Presseschau vom 23. Februar 2012 verweist auf einen Beitrag in der kommenden FAZ von Alexander Schall auf der Seite "Staat und Recht". "Was das Zivilrecht mit dem § 778 des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Verhältnis zwischen Egon Geerkens und Christian Wulff hinsichtlich der Kreditgewährung durch Edith Geerkens bedeuten könne, erklärt Alexander Schall auf der FAZ Seite "Staat und Recht". Danach könne Herr Geerkens, glaube man seiner Version, einen Kreditauftrag an seine Frau erteilt haben - und damit zu Wulffs Bürgen werden: Damit gäbe es dann auch die "rechtliche und wirtschaftliche Beziehung"."[33]

Am 3. April 2012 erklärte die Generalstaatsanwaltschaft Celle Beschwerden über die Nichtaufnahme weiterer Ermittlungen gegen Christian Wulff als unbegründet.
Zur strafrechtlichen Einschätzung des Privatkredits äußerte laut "CelleHeute" der kommissarische Leiter der Generalstaatsanwaltschaft Jörg Fröhlich Folgendes:
"Etwas schwerer wiege der Fall des Osnabrückers Egon Geerkens, der dem niedersächsischen Ministerpräsidenten nicht nur Feriendomizile zur Verfügung gestellt, sondern ihn in auffälliger zeitlicher Nähe zur Gewährung eines günstigen Hauskredits zwischen 2008 und 2009 auch bei drei offiziellen Auslandsreisen begleitet habe. Die Einladung zu einer Reise nach Indien und China sei allerdings bereits erfolgt, als sich noch keine äußeren Anzeichen für das erst Monate später bedeutsame Immobiliengeschäft der Eheleute Wulff ergeben hätten. An den beiden darauffolgenden Reisen nach Japan und in die USA habe Egon Geerkens auf Vorschlag der Industrie- und Handelskammer teilgenommen. Weder sei eine direktive Einflussnahme auf den Auswahlprozess zu erkennen, noch habe das Darlehen aufgrund seiner schon früheren Beteiligung einen besonderen Bezug zur nochmaligen Berücksichtigung von Geerkens gehabt. Dies gelte unabhängig davon, ob die Darlehenssumme von 500.000 € überhaupt von ihm und nicht – wie mehrfach behauptet – von dessen Ehefrau Edith stamme, was aber nach den Worten von Fröhlich zumindest kriminalistisch zweifelhaft ist."[34]

Mit anderen Worten: Die Staatsanwaltschaft würde im Fall des Privatkredits auch dann keine Ermittlungen einleiten, wenn erwiesen wäre, daß das Geld von Egon Geerkens kam.

Kritik an der Staatsanwaltschaft Hannover

Ein von mehreren Experten geprüftes Gutachten (PDF; 136 KB) des Staatsrechtlers Hans Herbert von Arnim, das sich speziell mit dem Privatkredit von Frau Geerkens befasst, urteilt, dass die "Grenze der Strafbarkeit eindeutig überschritten" wurde. Einleitend wird darauf hingewiesen, dass der Anschein besteht, "Staatsanwaltschaften und Gerichte könnten kaltgestellt werden". Ferner heißt es: "Entscheidet die politische Macht in eigener Sache, ist eine Kontrolle durch Öffentlichkeit, parlamentarische Opposition und Wissenschaft umso wichtiger. Vielleicht können auch nur sie einer Staatsanwaltschaft, die bis hinauf zum Justizminister weisungsgebunden ist, Beine machen und sie sozusagen zum Jagen tragen."[35]

Weiteres hierzu: Juristische Diskussion zum Privatkredit

Einzelnachweise

  1. Bild.de: Kritik an Wulff nach Kredit-Affäre - Warum durfte der Freund mit auf Auslandsreisen? vom 15.12.2011
  2. FTD: Vorwürfe gegen Christian Wulff: "Bubi", seine Frau, ihr Geld und der Präsident vom 13.12.2011
  3. Focus Online: Wulff erhielt Darlehen kurz nach Dienstreise mit Egon Geerkens vom 15.12.2011
  4. RP Online: Was der Altkanzler in Peking macht - Mit Schröders alter Riege in China vom 08.10.2008
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 redeker.de: Zusam­menfassende Stellungnahme zu den Medienanfragen an Christian Wulff der Sozietät Redeker Sellner Dahs vom 05.01.2012
  6. Welt Online: Wulff, das Haus und der 500.000-Euro-Kredit vom 13.12.2011
  7. Spiegel Online: "Christian musste sein Leben neu ordnen" vom 13.12.2011
  8. Süddeutsche.de: Was die Akten des Bundespräsidenten verraten vom 19.12.2011
  9. BGH: V ZB 47/11 vom 17.08.2011
  10. Bild.de: Umstrittener Anruf - Noch mal in eigener Sache vom 03.01.2012
  11. Süddeutsche.de: Wulff gibt Kredit-Verhandlungen mit Egon Geerkens zu vom 21.12.2011
  12. Niedersächsischer Landtag: "Drucksache 16/4445" 16. Wahlperiode, Nr. 34
  13. Frankfurter Allgemeine: Egon Geerkens - Der Bürge im Fall Wulff? vom 23.02.2012
  14. JuraForum: § 778 BGB - Kreditauftrag - Bürgerliches Gesetzbuch
  15. Spiegel Online: Reich mit Schrott und Diamanten vom 13.12.2011
  16. Welt Online: Der Jurist Wulff verbiegt den Bundespräsidenten Wulff vom 12.01.2012
  17. Focus Online: Wulff verteidigt sich - Die Erklärung der Anwälte im Wortlaut vom 16.12.2011
  18. Spiegel Online: Michael Fröhlingsdorf Wulff-Freund Geerkens: "Christian musste sein Leben neu ordnen" vom 13.12.2011
  19. Zeit Online: Die Wulff-Affäre kehrt nach Niedersachsen zurück vom 26.01.2012
  20. Frankfurter Rundschau: Wulffs anonymer Scheck vom 07.01.2012
  21. FAZ.net: Im Präsidentenpelz vom 07.01.2012
  22. Der Spiegel: Geld für Wulff-Kredit stammt mutmaßlich doch von Egon Geerkens vom 17.12.2011
  23. Jürgen Voges (dapd): Bei bestens abgesicherten Krediten sind Wulffs Zinsen üblich vom 05.01.2011
  24. dradio.de: Interview des Deutschlandfunks mit Hermann-Josef Tenhagen vom 23.12.2011
  25. iff: Keine Hetzjagd aber volle Aufklärung durch Christian Wulff nötig – Weitere Anmerkungen zu den Krediten (Stand 11.01.2012) vom 11.01.2012
  26. Focus Online: Wulff sparte mit Freundschaftskredit 20 000 Euro vom 18.12.2011
  27. Welt Online: "Welt" veröffentlicht alle Fragen zur Causa Wulff vom 13.01.2012
  28. bild.de: Wirbel um Privat-Kredit über 500 000 Euro - Hat Wulff das Parlament getäuscht? vom 12.12.2011
  29. Bild.de: Chronik - So deckte BILD die Wulff-Affäre auf vom 18.02.2012
  30. Spiegel Online: Staatsanwalt verzichtet auf Ermittlungen gegen Wulff vom 22.12.2011
  31. Staatsanwaltschaften Niedersachsen: Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Hannover vom 22.12.2011
  32. Frankfurter Allgemeine: Nach dem Rücktritt - Staatsanwälte leiten Ermittlungen gegen Wulff ein vom 19.02.2012
  33. Legal Tribune Online: Die Juristische Presseschau vom 23.02.2012
  34. celleheute.de: Staatsanwaltschaft Celle: Nichtermittlungsbeschwerden in Sachen Wulff zurückgewiesen vom 03.04.2012
  35. Professor Dr. Hans Herbert von Arnim: Vorteilsannahme des früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff?
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